Wir stellen uns vor:


 

 

Blumen und Sterne

Sterne sind Blumen am Himmelsazur,
Blumen sind
Sterne der irdischen Flur,
Sterne am
Himmel und Blumen im Land,
Beide gesät von allmächtiger Hand.

Blumen im Felde  —  manch lieblichen Strauss
Pflückt ich mit
Freuden und trug ihn nach Haus,
Sterne am Himmel  —  wie oft in der Nacht
Schaut ich empor zu der funkelnden Pracht!

Blumen der Wiese, sie blühen so schön,
Aber sie müssen so balde vergehn;
Ewig am
Himmel blüht Stern wohl an Stern,
Aber sie stehen so hoch und so fern.

Oft von der
Blumen verwelkendem Flor
Blickt ich zu himmlischen
Sternen empor,
Aber es kehrte der irdische Blick
Gern auch von
Sternen zu Blumen zurück.

 

 

 

Traun mich erfreute kein Blümlein im Feld
Glänzte nicht drüber das Sternenzelt,
Trann mich erschreckte der himmlische Saal,
Blühte kein Blümlein im irdischen Tal.

Drum so verehret die himmlische Macht,
Welche so Blumen, wie
Sterne gemacht,
Drum so verdenket dem
Sänger es nicht,
Wenn er die Blumen mit Sternen durchflicht.

Sind auch die Sterne nicht glänzend genug:
Nehmt zu den Sternen nur selber den Flug;
Dünkt euch der Sänger kein Fürst im Gesang:
Zählt man doch Sterne vom siebenten Rang!

Scheinen die Blumen euch dürftig und bleich:
Tausende blühen ringsum noch im Reich;
Jeglicher Frühling streut schönere aus,
Wählet und bindet euch selber den Strauss!

                                    Friedrich Karl Gerok (1815-1890)